Tagebuch 2003

Vorbetrachtung

Das vierte Mal Irland für mich, das erste Mal mit Auto. Diesmal auf die ruhige, mit Ferienhaus und eben Mietwagen.

Die Planung war ziemlich kompliziert, man findet große Mengen widersprüchlichen Mistes im noch jungen Internet. Zum Beispiel auf Seiten, die die billigsten Flüge versprechen und einen von Berlin über Barcelona, Moskau und Memphis nach Irland schicken, und das für 3000 Euro pro Person. Diese neumodischen GIS-Geschichten scheinen in der Theorie besser aufgehoben zu sein. Ein Haus für acht Leute brauchen wir auch nicht.

Auf den letzten Drücker haben wir etwas in Borrisokane, Tipperary, gefunden, dazu Fly&Drive (eine Frage der Reihenfolge) und alles etwa 1500 Euro für zwei. Hinzu kommen noch Kosten für die Ernährung von Personen und Auto etc.

Der frühe Vogel
Samstag, 23.8.2003

Motto des Tages

Wir stehen um 2:30 Uhr auf, denn leider geht der Flug bereits um 6 Uhr, zum Glück jedoch vom „Flughafen“ Berlin Dingsbums und nicht wieder von Leipzig-Scheußlich oder wie der hieß. Da haben wir noch vor der Abfahrt gleich das erste abgedroschene Standardbild: das mit den pünktlichen Deutschen, die das erste Zeitfenster aufmachen und rausfliegen und erschreckend früh am Morgen ankommen. Eher in Shannon ist man vermutlich nur, wenn der Abflug am Vorabend gekanzlert wurde und man auf den bequemen Plastikschalensitzbänken übernachtet hat.

Am „Flughafen“ ist schon eine Menge los, die längste Schlange steht natürlich an unserem Schalter. Die beiden Damen dahinter tragen nicht mehr die noch vor kurzem bei der Deutschen BA als Uniform übliche Hausfrauenschürze, aber immerhin noch Halstücher. Die sind ja auch nicht totzukriegen. Die eine der beiden Damen ist freundlich, locker, routiniert und souverän. Wir erwischen die andere, die ziemlich überfordert ist und dauernd gehetzt umherblickt, als ob von irgendwoher ein Kunde mit Schaum vor dem Mund hervorbräche und ihr den Kopf abbisse. Immerhin reserviert sie uns Plätze am Notausgang, wahrscheinlich aus Versehen, denn wir hatten drum gebeten.

Im Flugzeug werden wir von ein paar sauertöpfischen Thai-Stewardessen nicht wirklich ernsthaft begrüßt, und Punkt 6 Uhr verlassen wir das Land, in dem ein Haufen Irrer andauernd noch mehr Irre sucht („Deutschland sucht das Milchgesicht“), und fliegen nach Shannon. In der Reihe vor dem Irlandfan gibt es am Fenster überhaupt keinen Sitz, und soviel Platz zur Tentakelentfaltung hatte er noch nie. Die spätere Reisebekanntschaft auf dem Nachbarsitz wird von den Stewardessen komischerweise immer angebrüllt, und zwar wegen des Essens. Dabei müsste man eigentlich die Stewardessen wegen des Essens anbrüllen, denn es ist sehr erfolgreich in dem Versuch, so zu werden wie das bei Air France.

Von Irland sehen wir während des Fluges nicht viel, weil es bewölkt ist. Beim Landeanflug durchqueren wir vier Wolkenschichten in verschiedenen Höhen.

Vier. Richtig 4. Four. Quatro. Tschetürje. Tessere.
Vier, so als ob eine oder meinetwegen zwei nicht gereicht hätte, nein, es sind vier.
Im letzten Moment erkennen wir noch ein paar sehr nahe grüne Hügel mit weißen Punkten, die sich darauf bewegen, eine Vielzahl kleinerer Seen (Anflug über East Clare) und dann sind wir da.

Es regnet.

Deshalb dürfen wir auch nicht durch einen von diesen Flughafenrüsseln aussteigen, sondern zu Fuß über das Rollfeld.

Innerhalb von zehn Minuten (!!) erhalten wir unser Gepäck. Dann finden wir auf Anhieb den Mietwagenschalter, was wirklich eine Seltenheit ist, und bei dem das einzige Problem darin liegt, dass die Angestellte dahinter schwer zu verstehen ist, weil genau über dem Schalter ein Lautsprecher in die Decke geschraubt ist, der die ganze Zeit Dinge sagt wie „Mr. Mariolini, [hoffentlich, Anm. d. Schriftführers] gebucht nach Nowosibirsk, bitte bewegen Sie Ihren dicken Arsch sofort zu Schalter 12!“ und das sehr laut.

Sicherheitshalber (keiner von uns ist je auf der verkehrten Seite Auto gefahren) wählen wir eine etwas teurere Versicherung mit wesentlich niedrigerer Selbstbeteiligung, und dann finden wir trotz der durchaus wohlwollenden Wegbeschreibung der Angestellten auf dem Parkplatz einen jungen schwarzen Ford Fiesta.
„Unseren.“

Nach einer längeren, der inneren Sammlung hinsichtlich zu erwartender Schwierigkeiten mit dem Linksverkehr dienenden Pause fahren wir los. In der Nähe des Flughafens ist die Straße so eine Art Übungsparcours mit allem, was einen so erwarten könnte: Geschwindigkeitshügel (auf holländisch lautmalerisch sehr treffend „Drempel“), der eine oder andere hinterfragwürdige Roundabout und allerlei Warnschilder und Anleitungen.

Es ist 8 Uhr morgens Ortszeit an einem Samstag in Irland.
„Was machen wir eigentlich jetzt?“
„Wie meinst du das?“
„Das Quartier ist erst ab 16 Uhr frei.“
„Urlaub.“

Dankenswerterweise hört es auf zu regnen. Kurz vor Limerick sehen wir einen Lidl-Markt, der hat aber noch zu, und in Nenagh, der Hauptstadt der Grafschaft Tipperary, sehen wir die ersten freiwillig lebendigen Iren. Die Läden machen so langsam auf, und Irland erwacht. Wir verbringen ziemlich viel Zeit damit, zu grübeln, was ein „Disc Parking System“ sein soll.

Das sei so eine Art Einwegparkscheibe, erklärt uns eine Frau, die bekommt man in vielen Läden zu kaufen (also die Parkscheibe) und muss die Ankunftszeit durch Rubbeln vermerken. Wir sollen uns aber keine Sorgen machen, die örtliche Politesse ist eh nicht vor zehn auf den Beinen.

Da uns Nenagh aber nicht so sehr von den Socken haut, wollen wir lieber das schöne und inzwischen auch warme Wetter nutzen und an den Lough Derg fahren und eben einfach schon mal mit dem Urlaub beginnen. Vorher finden wir noch einen weiteren Lidl und kaufen dort etwas zu trinken und einen Lenkdrachen.

Wir fahren auf netten kleinen und kleinsten Straßen zum See und lassen allgemein die Seele baumeln und schalten um auf Irland. Die Sonne taucht aus den Wolken auf.

(Wirklich.)

Weil wir wie Touristen und darum ratlos aussehen, hält eine Frau mit einem Geländewagen neben uns.
„Are you lost?“ (Eine der schönsten Redewendungen im Englischen.)
„No, we’re just… looking…“
„Achso, I thought you were lost.“
„Hmmm… Are you German?“
„Oh, twenty years ago…“

Weiter geht es am Lough Derg entlang auf wirklich kleinen und engen Straßen bis zu einem Ort namens Terryglass, wo man wunderbares Essen zuzubereiten pflegt. Von dort biegen wir wieder auf die Hauptstraße und gelangen nach Portumna. Dort mündet der Shannon in den Lough Derg. Es gibt einen großen Hafen mit Jachtvermietung und eine Zugbrücke. Der Ort selbst zieht sich entlang der Straße hin und ist eine typische Kleinstadt. Am Rande besichtigen wir eine große Kirche, aus der ich eine Kirchenzeitung mitnehme, in der statistisch und polemisch und darum nicht wirklich überzeugend bewiesen wird, dass Sex vor der Ehe (ausgerechnet) das Selbstmordrisiko drastisch erhöht.

In der Statistik nicht betrachtet wurden die Auswirkungen von gar keinem Sex, zum Beispiel auf katholische Priester.

Außerdem gibt es hier noch ein Schloss namens Portumna Castle. Es hat eine lange Einfahrt, einen schönen Garten und eine nette Frau am Eingang und wird gerade wieder aufgebaut, nachdem es irgendwann mal abgebrannt ist. Deshalb ist nur das Erdgeschoss, das außer ein paar Bildern vom soundsovielten Lord of Sonstewo nichts enthält, betretbar, im Obergeschoss wird noch gebaut. Aber der Garten ist zu besichtigen, in dem mannigfaltige Gemüse-, Obst- und Blumensorten wachsen und der sehr schön und sehr warm ist und entsetzlich nach Porree stinkt. Die Erdbeeren sind offensichtlich gerade geerntet worden. Wer isst die eigentlich?

„Oh, actually they sell them on the market. But sometimes tourists eat them…“
„Mmm, fapf ombeliewebbel…“

Es ist früher Nachmittag, und wir müssen noch einkaufen. Inzwischen wissen wir, wo noch überall Lidl-Märkte sind und fahren deshalb einen Umweg über Birr nach Borrisokane.
Das ist zwar totaler Schwachsinn, aber deutlich billiger. Motto des Jahrzehnts.

Ohne große Probleme finden wir auch die Unterkunft, sie liegt noch etwa 3 Meilen außerhalb des sowieso recht kleinen Borrisokane. Das Anwesen ist ein ehemaliges Gutshaus mit ein paar alten renovierten Bauernhäusern („Cottages“), in welchletzteren sich insgesamt fünf Ferienwohnungen befinden. Unseres ist das vielleicht ursprünglichste Haus („1819“ steht über dem Eingang) und hat eine Wohnküche, ein Bad und ein Schlafzimmer, alles für wirklich nicht mehr als zwei Leute und ganz in Holz-und-gebrochener-Feldstein-rustikal. Das Wirtsehepaar, Geraldine und Des, sind sehr nett und hilfsbereit.

Weitere Gäste sind verschiedene Gruppen von Sachsen, und zwar sowohl solche die angeln können als auch solche die’s nicht können. Letztere wohnen in dem Haus, das direkt an unseres anschließt und scharren 24 Stunden am Tag mit den Stühlen auf dem gefliesten Fußboden.

„Nu guggemal, mir könn sähn, was unsre Nachborn frühstüggen.“

Ja.
Eben.
Wir können hören, was unsere Nachbarn sagen.

In der Nacht ist es so ruhig, dass wir meinen überlaut tickenden asthmatischen Reisewecker aus dem Schlafzimmer werfen.

Dieser Sandhaufen ist mein T-Shirt.
Sonntag, 24.8.2003

Weitblick an den Cliffs of Moher

Nach dem ersten Frühstück mit ungewohnter Küchentechnik wollen wir uns einen Strand suchen, denn das Wetter ist immer noch schön. Es gibt nur ein paar kleine Wolken. Die Angst davor, dass es jeweils „morgen“ schlechtes Wetter gibt, wird uns die ganzen zwei Wochen begleiten und die Tagesplanung entscheidend beeinflussen und schafft es also offensichtlich im Handumdrehen, aus zwei halbwegs netten halbwegs jungen Leuten zwei wetterkartenfixierte Wahnsinnige zu machen.

Geraldine sagt, es gibt zwei Strände in relativer Nähe, einen kurz vor den Cliffs of Moher (sie meint wahrscheinlich den zwischen Lahinch und Liscannor) und einen am Nordrand des Burrens in der Nähe von Kinvara.

Im Lough Derg kann man nicht baden, weil das gerade die Blaualgen tun.
Dann besuchen wir halt gleich am ersten Tag die Cliffs.

Vorher kommen wir zum zweiten Mal an Bunratty vorbei. Das ist eine Burg zwischen Shannon und Limerick direkt an der Autobahn und dem entsprechend gut besucht. Hinten dran hat sie einen „Folk Park“ (so eine Art Museumsdorf), was aber den Eintrittspreis so in die Höhe treibt, dass wir es sein lassen. Gleichfalls hoch sind die Preise im riesigen Souvenirshop nebenan.

Weil hier so viele Amis herkommen, gibt es ganz viele Produkte und Angebote über Namensforschung, Familienwappen, kulturelles Erbe und so weiter. Das mit der Namensforschung finde ich sehr interessant, aber die Frau mit den Familienlisten versucht mir weiszumachen, dass mein polnischer Nachname auf jeden Fall aus Tschechien kommt, und dass mir die ganzen Leute, die ich schon gefragt habe (einschließlich mehrerer Polen), Blödsinn erzählt haben.

In Enistymon erblicken wir von der Straße aus einen malerischen Friedhof und eine Ruine auf einem Berg. Dorthin fahren wir und halten das ganze multimedial fest. Das einzige was an der Stelle noch eindrucksvoller gewesen wäre, ist ein Bild von unten.

Lahinch ist proppevoll. Es ist Sonntag und heiß und (auch) ein Badeort. Man kommt kaum vorwärts, Parkplätze gibt es überhaupt nicht. Wir finden trotzdem einen und essen in einem pubartigen Großbetrieb, wo man komisch angeschaut wird, wenn man beim Bestellen ein überflüssiges Wort verlautbart („Danke“ zum Beispiel). An den Strand hier wollen wir aber nicht, denn er besteht aus größeren Felsen und ziemlich vielen Leuten. Aber ein paar Kilometer weiter Richtung Liscannor gibt es ja einen großen Sandstrand, wie ich mich erinnern kann.

Das stimmt, auch wenn man an der Brücke etwas ungeschickt parken (ungeschickt im Sinne von „Sollen doch die LKWs woanders lang fahren“) und noch etwa einen Kilometer entlang eines Flusses, der aber auch schon einen sehr breiten Sandstrand hat, zum Meer laufen muss. Dafür gibt es hier etwa 10 Menschen / Quadratkilometer. Vielleicht ist der Rest zu faul.

Das Wasser ist sehr kalt, und wir baden eher aus Prinzip. Außerdem teste ich meinen neuen Drachen, allein wegen der mattenhaftigen Gestängelosigkeit zerfällt das Gerät beim kleinsten Windaussetzer in ein formloses Knäuel und wickelt sich nach dem Vorbild einer Portion Spaghetti in die zahlreich vorhandenen Leinen. Das alles gleichzeitig. Da hab ich ja was zu tun.

Während der ganzen Zeit weht ein ziemlich starker böiger Wind, der nach und nach unsere gesamten Sachen mit Sand bedeckt und uns die mühsam errungene Bräune von der Haut strahlt. Mit Sätzen wie „Oh – die Kameratasche war ja noch offen“ kann man jemandem übrigens einen ordentlichen Schreck einjagen. Die wenigen Leute hier liegen am Strand oder stehen im knietiefen Wasser herum und wissen nichts mit sich anzufangen.

Deshalb fahren wir weiter zu den Cliffs of Moher, die so sind wie immer und bei denen uns der erste optische Overkill packt. Trotzdem ist es schön hier und man sieht heute wieder die Aran Islands draußen im Meer. Dank des Teleobjektivs sogar nachweislich und das ist schon beeindruckend. Während der folgenden Fahrt entlang der Küste rund um den Burren werden wir diesen Blick noch des Öfteren haben – als ob man kurz rüber schwimmen könnte – und sogar noch darüber hinaus auf die Berge des dahinter liegenden Festlandes. Unschlagbar. Wahnsinn.

Der Burren ist auch sehr schön im derzeitigen Sonnenschein, weshalb der Lenkradverantwortliche auch andauernd anhält und fotografiert. Das Einzige was er vergisst und worüber er sich, während er dies hier schreibt, auch maßlos ärgert, ist der Black Head, die fotogenste Ecke hier überhaupt. Also bleibt es bei zwei alten schlechten Bildern aus seiner schon 1996 kaputten Praktica.

In Ballyvaughan nieselt es kurz, damit wir einen Regenbogen zu sehen kriegen, und das wunderbare B&B gibt es offensichtlich nicht mehr, zumindest steht kein Schild mehr davor. Schade.

Einen letzten freiwilligen Halt machen wir am Dunguaire Castle, weil es so schön in der Abendsonne liegt. Langsam reicht es für den ersten Tag. In der Nähe von Gort sind wir kurz lost und fahren über Portumna nach Hause.

Eulen in Athen
Montag, 25.8.2003

Roscrea von oben
Roscrea von oben
Heute wollen wir es mal ruhig angehen lassen, nachdem wir gestern soweit gefahren sind, und das ist eine Sache, unter der irgendwann die Aufnahmefähigkeit leidet, und das wäre schade.

Außerdem sind wir erst um elf aufgestanden.

Der Himmel (ha! Wir wollen doch das böse W-Wort vermeiden) sieht bedeckt aus, Strand fällt also schon mal aus. Deshalb fällt die Wahl auf den Portumna Forest Park, wo man bei Regen ein wenig geschützt ist, obwohl man natürlich trotzdem nass wird.

Von der Straße kommend fährt man dort ein paar Minuten im Schritttempo durch den Wald, und in dem Moment, in dem man zu argwöhnen beginnt, dass man den Park ähnlich einer Safari mit dem Auto besichtigen muss, gelangt man an den Parkplatz im Wortsinne. Platz ist hier, sehr viel sogar, deutlich mehr als für die drei Autos, die da stehen.

Zu Fuß kann man hier bestimmt einen ganzen Tag verbringen, wir suchen uns eine Route aus und genießen die Routenruhe. Die Flora und die Landschaft ändert sich alle paar Meter komplett, zwischen wucherndem Dschungel, schwül waberndem Dunst, schwülstigen Dativen, Sümpfen, Wäldern, Lichtungen und Schilfseeufern ist alles dabei. Das Wetter wird immer besser, und ab und zu trifft man einen Jogger oder einen stolzen Papa oder einen alten Mann, der auf die Frage nach dem Weg fünf Minuten lang unverständliches Zeug brabbelt.

Wir beschließen, weiter nach Roscrea zu fahren, denn dort gibt es eine Burg. Beim Eintritt bedauert die Kassiererin, dass die Führung erst in einer Dreiviertelstunde anfängt und ob wir warten können, und als wir auf eigene Faust loswollen, kommt sie kurzerhand mit und gibt uns eine verkürzte Privatführung. Innerhalb der Burgmauern hat eine Seele mit Sinn für schräge Harmonien im 18. Jahrhundert einen platt aussehenden Palast namens Damer House bauen lassen. Interessanter ist da der turmartige Wohnbau der Burg, der ist nämlich sehr gut erhalten und beinhaltet viele anschauliche Beschreibungen über das Leben in der ständigen Angst, sich auf den absichtlich krummen, schiefen und schlecht beleuchteten Treppen verschiedene Knochen zu stauchen.

Auf dem Burghof stauche ich mich in die äußerste Ecke, um das Damerhaus samt Anbau ganz ins Bild des weitwinkligsten greifbaren Objektives zu bekommen, nur um mir später von einer Trulla im Fotolabor zusammen mit einer extra für renitente Quicksnap-Kunden zusammengestellten Auswahl an Fachbegriffen ins Gesicht spucken lassen zu müssen, dass die Tatsache, dass auf dem Negativ das ganze Haus (locker) zu sehen ist, noch lange nicht bedeutet, dass das auch für den Abzug gilt, Sie Arsch.

Auf dem Balkon über einem Pub tanzen Jake und Elwood.

Ab heute werden wir jeden Abend auf John Eagleton lauern (die selben Anfangsbuchstaben. Das bedeutet irgendwas). Das ist der Wetterfrosch bei RTÉ one, der täglich um neun mit zahlreichen aufwändigen Wetteranimationen ankündigt, dass es morgen wahrscheinlich wechselhaft wird und möglicherweise regnet, und er kann das auch noch diffus differenzieren: „Im Süden vielleicht bedeckt, im Norden kann die Sonne scheinen.“ Außerdem erfreut er sich der Mimik eines studentischen Amsterdam-Besuchers und hat eine salbungsvolle Stimme, die Bob Ross wie einen Death-Metal-Rapper klingen lässt. Wenigstens sagt er nicht dauernd: „Good night, and God bless you, my friend.“

Neben unserer Haustür hängt ein Barometer, das die ganzen zwei Wochen in einem Bereich von zwei Millimetern irgendwo zwischen „regnerisch“ und „wechselhaft“ pendeln wird. So sinnvoll wie eine solarbetriebene Taschenlampe zu bauen oder Eulen nach Washington zu tragen.

Rocks off Cashel
Dienstag, 26.8.2003

Der Rock of Cashel
Der Rock of Cashel

Heute ist das Königsstein Irlands, der Rock of Cashel, dran. Das Wetter sieht nicht so doll aus, aber es wird so bleiben.

Um nicht immer dieselben Wege zu nehmen, fahren wir auf den Nebenstraßen, zunächst bis Thurles, wo es aber sehr voll ist und wir sogar in einer Art Stau stehen. Südlich davon finden wir die Holy Cross Abbey, die recht malerisch aussehen könnte, es aber nicht tut. Wahrscheinlich fehlt das Grün. Unter einer Brücke beschwert sich eine Schar Enten lautstark über irgendetwas, über das sich nur Enten beschweren können. Am Rande des großzügigen Vorplatzes steht etwas deplatziert eine Statue von Papst Wojtyla dem Kinderlosen. Die einzigen Menschen sind wir.

Es gibt neben dem Parkplatz ein Pub und eine Menge verfallener Ruinen und dahinter eine größere Kirche und das teilweise wieder aufgebaute Kloster. Daneben steht ein Becken mit einem Weihwasserhahn für Weihwasser, und in einer Wellblechhütte kann man well blechen bleichen beichten.

Weiterhin erwähnenswert ist der Kreuzgang, in dem allerdings grade ein riesiges Partyzelt aufgebaut wird, und die Kirche selbst, die offenbar wirklich absichtlich mit einem zum Altar hin abfallenden Fußboden gebaut worden ist. Nix hier mit „Bauwerkssetzung“ oder „dem Baugrund folgend“, sondern „Siehst Du, Du gerätst auf die schiefe Bahn, mein Sohn“.

Dann fahren wir weiter nach Cashel, dessen Rock man weithin sieht und wo es nieselt. Wir essen in einer kleinen Kantine mit Blick auf die verwinkelte Kreuzung zum Rock, an der immer wieder große Busse auf unterhaltsame Art noch größeren Traktoren begegnen.

Der Rock heißt natürlich eigentlich St. Patrick’s Rock, weil der heilige Patrick hier im Jahre 450 (damals gab es hier schon eine Festung) den Hochkönig Aengus taufte und Cashel zum Bischofssitz machte. Für den Rock und die imposante Kathedrale müssen die Bilder ausreichen, zum Beschreiben ist das zu groß und sieht außerdem aus jeder Position völlig anders aus. Leider ist auch hier das meiste ruiniert worden oder wird zur Zeit restauriert. Dafür hat man im Nieselnebel einen gespenstischen Blick (d.h. der Irlandfan ohne Brille) in die Landschaft. Dabei fällt er auch auf eine weitere, total verlassene Ruine namens Hore Abbey inmitten von vielen Kühen zu Füßen des Rocks. Dorthin gehen wir und betrachten faszinierende Formen des Verfalls.

Rückzu fahren wir über Tipperary (aka „Tipp“) und finden dabei das Thomastown Castle überhaupt nicht und die Athassel Priory, die größte mittelalterliche Abtei Irlands, nur von weitem. Da ist kein Mensch, keine Einfahrt, und wir wollen nicht schon wieder über eine nasse Wiese.

Nachdem wir wieder auf Nebenstraßen abgebogen sind, durchfahren wir eine Gegend, die Silvermine Mountains heißt und von Landschaft und Bewuchs ein wenig an tschechische Hochebenen erinnert. Das Ganze ist ziemlich auf abgelegene Einsamkeit gebürstet und deshalb sehr schön. Es herrscht frische Luft, ein leichter Wind, ein Haufen Krüppelkiefern und viel Erika.

Zu Hause schaffe ich es endlich, den blöden Drachen zu entwirren, und da es abends kühl wird, fragen wir, wie das mit der Inbetriebnahme des Kamins denn aussieht. Unter dem Hohngelächter der gegenüber wohnenden Engländer („Versucht es ruhig, hehe!“) erhalten wir ein Bündel Torfbriketts und viele gute, widersprüchliche und potenziell ironiehaltige Ratschläge.

Das Zeug brennt zwar nicht gut, aber es brennt und ist per definitionem auch gemütlich und, wenn man den Kamin so richtig damit voll stopft, sogar ein wenig warm.

Platsch
Mittwoch, 27.8.2003

Dunguaire Castle
Dunguaire Castle

Heute ist ein weiterer Tag, von dem wir glauben, dass er der letzte mit schönem Wetter ist. Daher wollen wir nach Kinvara am Nordostrand des Burren an den Strand.

In der Nähe von Gort verfahren wir uns erneut und stellen dann fest, dass wir zwar auf der falschen Straße, aber dem richtigen Weg sind. So ist Irland: trotz Beschreibung, Beschilderung und Karte finden wir den Strand. Er besteht aus grauem Sand, einer Reihe Wohnwagen am Rand (wenn’s mehr als drei sind, ist es ein Campingplatz) und einem kleinen Parkplatz. Ein paar Leute sind da, einige baden sogar in dem eiskalten Wasser.

Der Irlandfan lässt die ganzen mitgebrachten Dachen steigen, und das macht Spaß und funktioniert zur Abwechslung mal reibungslos. Die herumziehenden Wolken sehen etwas düster aus. Uns zieht der Hunger nach Kinvara in die Arme einer Steakbäckerin und Guinnesszapferin. Der Laden ist sehr gemütlich, und angesichts der Karte outet sich der Irlandfan mal wieder als lingu- und kulinaristischer Banause, als er fragt, ob das Steak „from the pig“ sei. Die Kellnerin steigt voll drauf ein und sagt „No, from the cow.“
Na dann, guten Appetit.

In Blickweite von Kinvara befindet sich das Dunguaire Castle, eins von vielen dieser Art, aber malerisch am Rand des Burren und direkt am Meer gelegen. Dort schaffe ich es nicht, einen blöden Schwan zu fotografieren, der immer dann Action macht, wenn ich grade den Film oder das Objektiv wechsle.

Zum Glück brauchen wir keine Duschhauben
Donnerstag, 28.8.2003

The Rattling Bog [Train]
The Rattling Bog [Train]

Für heute ist ein Ausflug „Richtung“ Clonmacnoise geplant, mit allem, was da so dran hängt. Auf der Anfahrt finden wir ein Castle namens Clonony „in restauro“, wo uns eine kleine Frau in Arbeitsklamotten erzählt, ihr gehöre der Bau und sie sei dabei, Vorbereitungen für eine Überdachung zu treffen, weil es grade so schön trocken ist.

Wie kommt man denn zu so einem Schloss? Lotto? 800 Jahre Inzest?
Oh nein, die Eigentümer hatten es verfallen lassen und dann zum Verkauf angeboten. Die Regierung hat zwar kein Geld dafür, aber genug Stirn, um dem künftigen Käufer zahlreiche Auflagen… ähm… aufzulegen (wieso eigentlich nicht dem ursprünglichen Eigentümer?). Letzten Endes hat die kleine Frau den Zuschlag bekommen, denn „I’ve done another castle“ und Erfahrung zählt in diesem Business.
Mehrmals weist sie uns auf die Möglichkeit einer Spende hin, und wir tun das denn auch.

Ein kleines Stück weiter gibt es eine große Torffabrik vom Bord na Mona (Torfbrett?), die man besichtigen kann. Zumindest wenn man wüsste, ob irgendjemand da ist, denn der Besucherparkplatz gähnt vor Leere, und die eventuell hier arbeitenden Menschen unterlassen es, sichtbar zu sein.

Letzten Endes findet man das dann doch und kauft eine Fahrkarte für die Feldeisenbahn, mit der man durch das Bog gefahren wird und Erläuterungen erhält. Jeder Fahrgast sitzt in einem Hunt, und das ist bei bedecktem Himmel zwar etwas kalt, aber man kommt damit klar.

Nein, Scherz, es gibt einen großen Passagierwagen mit der gemütlichen Ausstrahlung eines Fernreisebusses aus den 80ern (die mit dem Märchen von den „bequemen Schlafsesseln“ aus Scheuerlappenstoff in braun und rot-gelb) und dazu eine kleine Feldbahnlok. Außerdem erhalten wir einen laminierten Zettel mit dem Text der Erläuterungen auf deutsh, versehen mit der Bitte, ihn wieder zurückzubringen.

Das Moor selbst ist nicht zu sehen, nur endlose gerade braune Felder bis zum Horizont. Das ist das Torfabbaugebiet, und das Moor gibt es nur noch an einigen wenigen St… Unerwartet gibt es einen lauten Schubs, und die Fahrt geht los, während alle noch versuchen, ihre Knochen wieder in die vorgeschriebene relative Lage zu bringen. Ein zweckloses Unterfangen, denn kaum hat man z.B. die Rippen grob vorsortiert, taucht der Kiefer, aus Richtung Schienenbein kommend, mitten dazwischen auf und versucht, in den Steiß zu beißen. Wer schon mal in einem von einem Fahranfänger abgeschleppten Auto gesessen hat, weiß, was ich meine. (Ich war nämlich der Anfänger.)

Die Frau mit dem Mikrofon in der Hand kommt damit besser zurecht, denn sie kann sogar noch sprechen und erzählt, wie, wann und wo der Torf abgebaut, verarbeitet und verbrannt wird. Das Warum fehlt: warum wird hier zum Erhalt von ein paar hundert Arbeitsplätzen und für einen lächerlichen Wirkungsgrad die Natur in unglaublichem Ausmaß zerstört? Es gibt im Bog ein eigens gebautes Kraftwerk, neben dem gerade ein zweites entsteht.

Im Zug sitzen auch etwa 10 Iren, die diese Veranstaltung mit einer Großfamilienfeier verwechseln und während der Fahrt versuchen, ein quengeliges zweijähriges Kind, das Molly heißt und auch so aussieht, zu schminken.

Bei einem Halt mitten in der Wildnis wird uns vom Lokführer kurz die altherkömmliche Torfabbaumethode mit einem Spezialtorfspaten gezeigt (eine muskelzerrende Methode, wo eben nicht ein ganzes Bog plattgemacht wird), und ein freiwilliger Greis springt auch in die Grube und ruiniert sich dort seine Schuhe.

Weiterhin anwesend ist eine sauertöpfische deutsche Familie, die uns erst den einen Info-Zettel und dann den anderen praktisch aus der Hand klauen (und natürlich später auch nicht wieder abgeben). Die fahren dann noch die kurze Strecke zur Klosterstadt Clonmacnoise unüberholbar langsam vor uns her und stellen mit ihrem Auto den einzigen Parkplatzausgang zu.

Ist schon ok, niemand sollte wirklich in das Kielwasser seines Lebens schauen.

Obwohl es Leute gibt, die genau das tun, sich dann aber wundern, wo die ganzen Wellen herkommen.

Clonmacnoise liegt auf einem Hügel direkt am Shannon und bietet ein gerüttelt Maß an Rundtürmen, Hochkreuzen und Kirchenruinen. Außerdem nieselt es ein bisschen. Eine Gruppe junger Touristen steht herum und stellt eine merkwürdige Pose zur Schau, die es fertig bringen soll, die Tatsache, dass sie alle Duschhauben tragen, mit Coolness zu vereinen. Das scheitert, denn Duschhauben zum Kenntlichmachen von Reisegruppenzugehörigkeit sind mitnichten cool.

Nach dem Essen in der kleinen, gemütlichen und überfüllten Kantine fahren wir nach Athlone. Diese Stadt liegt auch am Shannon, ist groß, voll und nicht unbedingt schön und hat einen Hafen für Kabinenboote und einen Namen, der zum Lithpeln einlädt.

Weiterhin hängt hier bereits (oder noch?) eine weihnachtliche Lichterdekoration über den Straßen. Für Ende August ist das vielleicht doch etwas rich. In Deutschland ist man zwar auch chronisch zu früh dran, meist werden aber zuerst nur die übrig gebliebenen Weihnachtsmann-gleich-Osterhase-androgynen Milchschokoladenhohlkörper aus dem vergangenen Jahr verkauft. Die Las-Vegas-Illumination jedoch und den lebensgroßen Pappweihnachtsfrankenstein im Kaufhaus, der mit irgendwelchen Servomotoren täuschend echt einen epileptischen Anfall simuliert, gibt bei uns es erst ab Mitte November.

Eigentlich hat das weihnachtliche Athlone auch ein Internet-Cafe. Dieses wollen wir benutzen, und sei es nur deshalb, damit ich meine tägliche Ration von Verlängerungsangeboten löschen kann. Auf der Suche kommen wir nicht umhin, die Burg zu besichtigen, wo uns eine hilfsbereite Angestellte verdeutlicht, wie weit das Internet Cafe zu Fuß ist. Abgelehnt.

Da wir dem Des das des Abends darstellen, sagt er, kommt einfach rüber und benutzt unseren Computer. Die beiden sind Lehrer und die Schule hat iMacs und sie deshalb auch. (Die Produkte dieses Herstellers stylish zu finden ist übrigens der einzige Weg, beim Kauf das drohende Sich-Einschalten des Gehirns zu umgehen.) Im Haus herrscht diese Art von irischem Chaos, bei dem man genau sieht, dass das Genie wirklich da ist, das es überblickt.

Rund um den Lough Derg
Freitag, 29.8.2003

Am Lough Derg
Am Lough Derg

Wir wollen heute einmal rund um den Lough Derg fahren, es herrscht mal wieder Bombenwetter. Die Fahrt beginnt damit, dass wir uns fast vor der Haustür das erste Mal verfahren. Dann finden wir einen kleinen Ort, in dem die Boote direkt zu Füßen eines undefinierbaren Tower Houses parken und wo ich von einem aus dem Nichts auftauchenden Hund angeschaut werde und das so lieb, dass wir kurz davor sind, ihm alle Nahrungsmittel zu geben, die wir haben. Obwohl wir gar keine haben. So lieb schaut der Hund. So weit sind wir.

In Nenagh besichtigen wir kurz die recht schöne Kirche und den von einem vermüllten Park umgebenen merkwürdigen runden Turm namens Donjon. Dann kaufen wir eine Packung Torfbriketts und Anzünder und fahren Richtung Süden weiter. Die südliche Seite des Sees ist besonders schön und deshalb halten wir auch andauernd an und das Ganze multimedial fest. Am Südende liegen die beiden Orte Ballina und Killaloe, verbunden durch eine lange und schmale Steinbrücke, an deren Enden je eine von Lastwagen und verwirrten Autofahrern verstopfte Kreuzung liegt. Alles sehr malerisch und ein wenig illustr, und viele Boote liegen hier. Unter der Brücke kommen sie aber nicht durch, deshalb ist hier Ende für sie.

Nördlich von Killaloe steht an einem Parkplatz am See ein Schild, das das freiwillige Unterlassen jedweder Müllentsorgung nahe legt und jedem, der sich trotzdem traut, in ewiger Manifestation des Umrechnungskurses eine Geldstrafe von 1904,61 Euro verspricht.

Von dort fahren wir weiter nach Norden nach Mountshannon. In der Nähe dieses Ortes liegt eine Insel mit Klosterruinen mitten im See. Und wie kommt man jetzt dort hin?

Man fragt den örtlichen Historiker. Der sitzt vor einem kleinen Wohnwagen und restauriert eine alte Handmühle und heißt Gerard Madden. Außerdem vermietet er Boote, verkauft Infomaterial und Postkarten und betreibt eine Website über die Historia in East Clare.

Heute ist es für eine Überfahrt aber etwas spät, wir haben Hunger, und eine Regenwolke zieht auf. Deshalb essen wir in einem Pub zwei Steaks und versprechen, morgen wieder zu kommen.

Zu Hause gibt es warmen Apple Pie mit Vanillesauce.

Vorsicht vor dem Bullen
Samstag, 30.8.2003

Auf der heiligen Insel
Auf der heiligen Insel

Das Stühlerücken beim endgültigen Abrücken der verrückten stühlerückenden rückwärtigen Ferienwohnungsnachbarn weckt uns. Alle reisen ab.

Auf dem Weg nach Mountshannon fahren wir noch kurz an Europas größter Außentür-Kartbahn in der Nähe von Portumna vorbei, die ist aber laut und teuer und unpassend und deshalb lassen wir es sein.

In Mountshannon mieten wir ein Boot bei dem Mann mit der Mühle. Wir können wahlweise rudern oder den Außenborder anwerfen. Wir entscheiden uns zunächst dafür, dass der Irlandfan rudert.

Das dauert etwa eine halbe Stunde, und wir sind die einzigen Menschen auf der Insel. Am Bootsanleger hängt an einem Baum ein alter Farbeimerdeckel, auf dem steht: „Beware of the bull!“ Das mag ich an Irland. Hier ist das Problem, und es gibt keine Lösung, nur damit Du hinterher nicht sagen kannst, Du wärest nicht gewarnt worden. Ähnliche Schilder gibt es an gefährlichen Klippen.

Sofort vermute ich in jedem Strauchgeraschel eine wild gewordene angreifende Kuh, und hinter jedem Baum steht ein an strikte Reviergrenzen gewöhnter Rinderhengst. (In Gegenden, in denen es im Unterschied zu Irland Nilpferde gibt, nennt man solche Leute wie mich Hippochonder.) Zum Glück ist die Klosteranlage von Vertrauen erweckend stabilen Zäunen umgrenzt, ob allerdings zum Schutz der Besucher oder der alten Mauern, kann ich nicht sagen.

Es gibt einen Rundturm (darauf hätte ich meine Einlegesohlen verwettet), eine Kirche, einen Friedhof und ein paar Grundmauern und lehrreiche Schautafeln. Für die Rückfahrt nutzen wir den lärmenden Außenborder, aber Anlegen mit so was will huch auch gelernt hoppla sein Tschuldigung!

Dann fahren wir über Portumna nach Clonfert, einem Ort, der bei den ganzen Torffeldern liegt und eine eigentlich stinknormale Kirche mit einem seltsamen Tor besitzt. Es zeigt viele Köpfe, und die gucken alle traurig.

In der Gegend von Clonfert verfahren wir uns ein paar Mal, weil jemand in unsere Karte eine Straße eingezeichnet hat, die überhaupt nicht existiert. Oder umgekehrt. Dabei fahren wir unter anderem irrtümlich über eine Brücke, deren Rampe eher an eine Treppenstufe erinnert und sich beim Anblick unserer Auspuffanlage schon die geteerten Lippen leckt. Zum Glück passiert aber nichts.

Wir fahren noch ein wenig in der eher flachen Gegend herum und dann nach Hause.

Funday Sunday
Sonntag, 31.8.2003

Swiss Cottage
Swiss Cottage

Heute wollen wir in die beiden Orte Cahir und Clonmel mit den entsprechenden Castles und so weiter. Das ist ziemlich weit, und deshalb fahren wir auf den schnelleren N-Straßen über Limerick dorthin. Besonders ab Limerick sind die Straßen breit ausgebaut und es lässt sich zügig fahren. Wir kommen auch durch eine Gegend namens Glen of Aherlow, die sich durch düstere Berge auszeichnet und die Leute gucken auch eher finster, zumindest, wenn offenkundige Touristen am Ende einer Schotterpiste hoch oben in den Bergen praktisch in ihrem Vorgarten wenden.

Bei der Einfahrt nach Cahir geraten wir in einen richtigen echten Stau. Vor uns hat sich gerade ein mit Blumen und Luftballons behängter Sattelschlepper in den Verkehr gefädelt und bildet offensichtlich die letzte einer Reihe von Ursachen der Behinderung. Wir fragen einen Polizisten, der auf der Straße herumsteht.

„Gibt es irgendeinen Weg um das alles herum?“
„Nein“, antwortet er fröhlich und blickt dem Lastwagen hinterher.
„Was ist eigentlich los?“
„Das ist eine Parade, wird bald vorbei sein.“
„Eine Parade?“
„Ja, heute ist Misswahl.“

Warum?

Wir verparken das Auto und gehen dem Zug zu Fuß hinterher. Auf dem Laster sitzen etwa 20 Mädchen, die nicht nur dem oberflächlich-gehässigen Auge als etwas dicklich erscheinen (zugegeben, einen Großteil des Körpergewichts dürfte das Makeup ausmachen). Vielleicht lässt man hier die Misswahlen von McDonalds sponsern oder von irgendwelchem Toastbrot. In einer Kutsche fahren noch zwei Damen hinterdrein. Alle Autos hupen, ein paar Herren am Wegesrand sind entweder die stolzen Väter oder tröpfeln. Alle sind fröhlich.

Was soll das alles?

Am Cahir Castle gibt es einen großen Parkplatz, und der ist voll. Mit Glück finden wir aber noch eine Lücke und schauen uns um. Von der Wiese hinter der Burg dröhnt ein Volksfest, und man meint aufgrund der allgemeinen Atmosphäre und der genetischen Deutschland-Erfahrung, den (nicht existenten) Bratwurstgeruch schneiden zu können. Auch hier hupen die Autos, und wenn man stehen bleibt, wird man über den Haufen gerannt.

Hat das hier einen tieferen Grund?

Etwas weiter oben im Ort steht eine große Bühne, auf der man rockt. Direkt vor der Kirche ist ein großer Rummel aufgebaut mit allen diesen bunten Foltergeräten, die den menschlichen Körper Beschleunigungen aussetzen, die für untrainiertere Leute als Raumfahrer und Schallmauer-Testkampfpiloten längst nicht mehr zugelassen sind.

Was ist hier los?

Mit Draht an eine Laterne gebunden, ein neongrünes Stück Pappe, auf das jemand geschrieben hat:
Funday Sunday.
Aha.

Hinter der Burg geht eine Art Park mit Golfplatz so langsam in das Umland von Cahir über, und ebenda liegt nach 20 Minuten Fuschmarß das Swiss Cottage. Das hat ein Architekt des englischen Königshauses gebaut, der den „zurück-zur-Natur“-Gedanken gut fand und das ganze Haus mit natürlichen Baustoffen und unter striktem Verzicht auf jede Regelmäßigkeit gestalten ließ. Das Treppengeländer besteht zwar aus Mahagoni, sinnigerweise aber braun überstrichen. Nachdem das Haus verfallen war und eine Horde Lümmel, Lausebengel, Racker und ein paar Pferde drin gehaust hatten, ist es ziemlich aufwendig restauriert worden. Das Ganze ist innen viel kleiner als außen und sehr interessant.

Auf Anordnung des Reiseführers fahren wir noch nach Clonmel, das einige schöne Häuser und eine sehr schöne Umgebung besitzt. Sehr gut ist auch die Pizza, die man dort bereitet.

ABC (Another bloody castle)
Montag, 1.9.2003

Kilkenny Castle
Kilkenny Castle

Heute geplant ist Kilkenny und nichts als Kilkenny. Ist ja auch weit genug bei dem schönen Wetter.

Deshalb besichtigen wir zunächst noch die unerwartet am Straßenrand auftauchende Aghaboe Abbey, die sich vor allem durch ein laut nach Öl schreiendes Gittertor auszeichnet und ansonsten etwas eintönig aussieht. Das Gegenteil erwartet uns in Kilkenny.

Der Ort ist für uns schon fast zu stressig, es ist ziemlich viel los. Als erstes gehen wir zum imposanten Kilkenny Castle, dessen bis zum Horizont reichende friedliche Gartenwiese man im Stadtgewimmel als allerletztes erwartet und das dann dem entsprechend genießt.

Dann versuchen wir, durch die engen Straßen zu bummeln, das ist aber schwierig, weil alle anderen nicht bummeln und die Straßen wie gesagt eng sind.

Wir besichtigen eine Kirche, kaufen viele Bücher und anderes Zeug und fahren dann über den Ort mit dem schönen Namen Freshford, den Ort namens Durrow, den ich daher kenne, dass hier die Busse von Dublin nach Cork immer Pause machen und ein Outlet-Center in Rathdowney (die gesenkten Preise hier sind wie die normalen in Deutschland…) nach Hause.

Der Tag der kleinen Dinge
Dienstag, 2.9.2003

Daylight in your eyes
Daylight in your eyes

Heute wollen wir ein paar kleine Dinge „abhaken“, die in der letzten Zeit am Wegesrand liegen geblieben sind. Vorher ziehen wir uns in Borrisokane ein echtes irisches Frühstück rein.

Punkt 1: In der Nähe von Roscrea scheint sich eine große Klosteranlage zu befinden.
Falsch, das ist ein großes Internat oder so was.

Punkt 2: In der Nähe des Outlet-Centers von gestern gibt es ein Workhouse-Museum, also offensichtlich ein Arbeitshaus aus der Zeit der Hungersnot.
Richtig, hat aber nur am Wochenende nachmittags offen.

Punkt 3: Der Ort Durrow hat laut Reiseführer ein besonderes Hochkreuz zu bieten.
Falsch, das ist ein anderes Durrow als das von gestern.

Punkt 4: Kurz vor Kilkenny gibt es eine Höhle namens Dunmore Cave.
Richtig, die existiert wirklich, hat offen und ist eine richtige Höhle.

Darüber gibt es noch einen modernen Empfangsbau mit fast allem, was ein moderner Bau sein / haben / leisten muss:

  • Vorherrschende Farben sind hellbraun (Holz) und grau, in seltenen Fällen ein blassgiftiges Deutsche-Bahn-Grün. (Dies ist der Hauptsatz der Moderne: Es gibt nichts, was nicht zusammenpasst. Es soll Emotionen hervorrufen, egal welche.)
  • Fenster sind wie Schießscharten und an den unmöglichsten Stellen angebracht.
  • Alle Bauteile hängen irgendwie schräg über bzw. springen zurück.
  • Function follows form.
  • Ein Stromanschluss an der Decke wäre der allerletzte Ort, wo Licht herkäme. (Oder: überall leuchten irgendwelche Elemente, trotzdem sieht man kaum die Hand vor Augen.)
  • Man hat Mühe, eine Tür von einer Wand zu unterscheiden.
  • Ein rechter Winkel ist ein Fehler, den nur Anfänger begehen.
  • Toilettentürschlösser, Garderobenhaken und andere Accessoires kommunizieren eine mit ihrem subtil-multiplen kognitiven Wesen korrespondierende  funktionaladaptive Identität.
  • Leute, die ihren Schlüsselbund an einem Band um den Hals tragen, so wie der Irlandfan in der ersten Klasse, arbeiten hier.

Uns gefällt es sehr gut.

Hinter dem Empfangsgebäude führt eine lange Treppe erst in einen tiefen Krater in der Landschaft und dann unter einem offensichtlich zweckfreien, aber zum Haupthaus passenden Schutzdach hindurch in die Höhle selbst. In dieser kann man noch etwas herumsteigen und darüber rätseln, welche Formationen bzw. Räume das wohl sein könnten, von denen in der Beschreibung dauernd die Rede ist. Obwohl es eigentlich keine Tropfsteine geben dürfte, weil das Mineralwasser hier nicht tropft, sondern fließt, sind viele beeindruckende Formationen entstanden.

Zurück im Tageslicht fahren wir nach Portlaoise. Dieser Ort ist berühmt für sein Hochsicherheitsgefängnis und mindestens zwei extrem fiese Twin-Roundabouts. Stellt man sich einen Kreisverkehr in Form eines o oder meinetwegen einer 0 vor, so sind das hier zwei 8en kurz hintereinander. Selbst wenn man es schafft, ohne wirklichen Autounfall hindurchzufahren, sitzt einem ein schimpfender Radfahrer auf der Motorhaube und zieht einen Fußgänger zu sich hoch. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die N7, als Autobahn M7 ausgeführt, Portlaoise weiträumig umfährt.

Aber was greine ich hier, in Britannien gibt es einen Kreisverkehr, der aus fünf im Kreis angeordneten Kreisverkehren besteht, mit dem Ergebnis, dass man innen, wie es eigentlich sein soll, entgegen dem Uhrzeigersinn herumfährt.

Hinter Portlaoise in Richtung Dublin besuchen wir den Rock of Dunamase, der einmal ähnlich wie der Rock of Cashel ohne Kathedrale ausgesehen haben muss, heute aber nur noch aus Mauerresten besteht. Hier ist nun absolut kein Tourist mehr, nur ein paar Minderjährige sitzen auf der Westseite des Hügels beim Bier.

Auf der Rückfahrt müssen wir leider noch mal durch die beiden Achten und passieren das Hochsicherheitsgefängnis.

Der Gnubbel
Mittwoch, 3.9.2003

Der hier.

Heute wollen wir es ruhig angehen lassen und mit je einem Buch im Portumna Forest Park einfach nur abchillen. Und das tun wir auch.

Als es uns jedoch zu kühl wird, fahren wir über Loughrea, das überhaupt nicht malerisch an einem See liegt, zu einem im Reiseführer hochgelobten keltischen Stein, der sich beim Näherhinfahren als ein 50cm hoher Gnubbel neben einem Reiterhof/Streichelzoo – ja, nicht im Wortsinne entpuppt, aber vielleicht entfaltet oder sowas. Er ist zwar sehr wohl keltisch verziert und sieht interessant aus, ist aber auch mit einer breiten und hässlich vergitterten Regenablaufrinne versehen, weshalb man sich praktisch hinlegen muss, um das Ding „in natura“ sehen bzw. fotografieren zu können.

Wir fahren nach Ballinasloe, ein Ort, mit dem wir eher klarkommen, und essen dort.

Da es seit mehreren Wochen hier praktisch ununterbrochen warm und trocken ist, sehen wir oft Iren in ihren Gärten, die mit einem Eimer die Blümchen gießen. Offensichtlich kommt hier keiner auf die Idee, einen Gartenschlauch oder eine Gießkanne zu kaufen, oder es gibt keine. Irland wird immer mehr zur Steppe.

Der Earl pflückt Blümchen in der Mongolei
Donnerstag, 4.9.2003

Auge in Auge mit der Gefahr
Auge in Auge mit der Gefahr

Heute ist Birr dran. Das ist ein Durchfahrtsort, durch den wir schon öfter gefahren sind, und es hat ein Castle mit Garten, Museum und Teleskop.

In dem Schloss wohnen immer noch der soundsovielte Earl of Daundda und seine Frau. Deshalb ist das Schloss auch nicht zu besichtigen, auch wenn die beiden grade nicht da sind, sondern aus botanischen Gründen in der Mongolei. Dafür sind die hiesigen Earls aber immer für ihre wissenschaftlichen Forschungen bekannt gewesen: der frühere soundsovielte Earl hat entscheidende Beiträge zur Verbesserung von Dampfmaschinen geleistet und so weiter. Einer hat im Park ein großes pfiffiges Teleskop gebaut. Bis etwa 1910 war es das größte der Welt. Das und vieles andere erzählt ein mäßig schrulliger Professor, der auch die ganzen Pfiffigkeiten erklärt, und dass das Teleskop grade restauriert wird und wohl auch jemand wieder einen Spiegel dafür bauen will.

Wir schlendern weiter durch den Park, halten an einem See eine Unmenge Enten zum Narren, die bereits angerannt kommen, wenn man eine imaginäres Futter wegwerfende Handbewegung macht, und finden eine von der soundsovielten Lady kreierte preisgekrönte Parkanlage, die einem Kreuzgang nachempfunden ist.

Dann fahren wir nach Tullamore. Das ist ein Ort, nach dem der bekannte Whiskey Tullamore Dew zwar benannt ist, aber inzwischen wird er in Cahir gebrannt. Trotzdem hat Tullamore ein Whiskeymuseum und den ganzen touristischen Kram, der dazugehört und ist ansonsten auch eine eher laute und geschäftige Stadt. Wir shoppen und essen und fahren entlang der Bloom Mountains zurück, nur unterbrochen von einem enttäuschenden Abstecher zu einem angeblichen Hünengrab in einem gottverlassenen Hochwald am Ende einer gottverlassenen und außerdem halsbrecherischen Schotterpiste.

Nein, natürlich haben wir das nicht vorher gewusst.

Es war nur so, dass wir so was noch gar nicht hatten und da hat der Lenkradverantwortliche beim nächstbesten braunen Schild „Giants Grave“ den Anker geworfen. Dann sind wir lange und vertrauensvoll der immer enger werdenden Straße gefolgt, bis uns ein Bagger den Weg versperrte. Irgendwann wurde der Fahrer auf den wartenden Mietwagen mit 03er-Kennzeichen aufmerksam, blickte kurz resigniert und rangierte den Bagger beiseite. Zwei Kilometer und zum Glück keine Schotterkratzer am Lack später liefen wir von einer Art Parkplatz durch den Wald, fanden eine riesige Informationstafel und ein paar ebenerdig liegende Steine und traten depressiviert den Rückweg an.

Erneut versperrte uns ein Bagger den Weg, der Fahrer blickte kurz resigniert und rangierte den Bagger beiseite.

Wie wünschen Sie Ihren Regenbogen?
Freitag, 5.9.2003

Regenbogen
Regenbogen

Seit einer Woche sagt John Eagleton heftigen Regen für den ganzen heutigen Tag voraus, weshalb wir nach Limerick wollen, wo man bei Regen etwas einkaufen kann, insbesondere alle Mitbringsel aller Art für alle. Beim Aufstehen regnet es, und zwar in Strömen.

Als wir in Limerick ankommen, kommt die Sonne hervor, und es wird unangenehm warm. In der Nähe der Burg gibt es einen Parkplatz, an dessen Einfahrt ein Mann in einem Container sitzt. Mit gezückter Geldkatze gehen wir zu ihm, aber er sagt, das kostet nichts. Wirklich nichts? Nein, nur solltet ihr bis fünf wieder hier sein, sonst verkaufe ich euer Auto.

Komisches Geschäftsmodell, aber uns ist ja auch egal, wie die sich finanzieren. Der Begriff Ich-AG fliegt ein wenig herum, mag Limerick nicht, kommt wieder zurück und kriegt ordentlich eine geballert.

Wir laufen durch die Stadt und schaffen es irgendwie, sowohl Souvenirläden als auch den Treaty Stone nicht zu finden (Bezug nehmend auf den Vertrag von Limerick, der nach Beendigung eines irischen Aufstandes für Toleranz und Frieden ausgehandelt wurde und kurz darauf von den Engländern gebrochen wurde). Da Limerick auch ziemlich nervt, insbesondere der Lärm und die zum lockeren Einkaufen viel zu schmalen Bürgersteige, und wir auch keine schönen Mitbringsel finden, beschließen wir, Limerick Limerick sein zu lassen und irgendwohin zu fahren, wo es schön ist. Erstmal noch kurz zum Souvenirshop am Bunratty Castle, dort finden wir aber auch nichts Überzeugendes.

Über Sixmilebridge, wo wir essen und der Irlandfan sich bis auf weiteres Pommes Frites abgewöhnt, ohne es wirklich erklären zu können, fahren wir nach Ballina/Killaloe am Südende des Lough Derg, und dort finden wir endlich einen guten Laden und kaufen ein paar T-Shirts und so weiter, während ein ordentlicher Schauer herniedergeht.

Der dazu gehörigen Regenwolke fahren wir den Rest der Strecke (eineinhalb Stunden) bis nach Hause hinterher, und sie nervt uns dafür mit der dauerhaften Anzeige von knalligen Regenbögen im strahlendsten Sonnenschein in der wunderbaren Landschaft des südlichen Lough Derg.

Die Iren sehen so was gelassen, die haben das täglich. Uns erscheint es, als ob Irland am letzten Tag so eine Art Wetter-Best-of zeigen will, damit wir uns so richtig auf zu Hause freuen können.

Abends steigen malerische Nebel aus den Wiesen auf, und wir gehen in Borrisokane ins Pub, wo drei Leute sitzen, und es wird ein netter Abend.

Es ist der Letzte.

All the way from Borrisokane
Samstag, 6.9.2003

Am Ende des Tages
Am Ende des Tages

Wie immer bekomme ich am Abreisetag so meine Zweifel, was die Theorie des Urknalls betrifft, nach der ja bekanntlich zu Anbeginn der Zeit alle Materie in einem einzigen winzigen kleinen Punkt zusammengedrängt war. Ich hingegen bekomme ja nicht mal alle mitgebrachten Gegenstände wieder in die Taschen, ganz zu schweigen von den gekauften.

Wohnungsübergabe, Fahrt nach Shannon und Autorückgabe: all das klappt so reibungslos, dass man sich gar nicht mehr dran erinnert.

Am Flughafen treffen wir auch die Reisebekanntschaft wieder, und es ist lustig, sich gegenseitig Reiseerlebnisse zu erzählen.

Es hilft auch, den Abschied zu überbrücken.

Nur ein Nachtrag in eigener Sache noch: auf dem Rückflug leiden wir unter sehr starken Blähungen. Gerade in engen, abgeschlossenen Räumen wie Flugzeugen ist so was immer sehr unangenehm über peinlich bis ekelhaft. Wir können leider überhaupt nichts dagegen tun. Man muss es einfach durchstehen. Und ich hätte es hier nicht erwähnt, wenn nicht die verschwindend schwache Hoffnung bestünde, dass der betreffende mir persönlich unbekannte Sitznachbar, der jene in fragranti absonderte, dies hier liest und jetzt sehr, sehr rot wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert