Tagebuch 2005

Wir Technokraten

Geplant ist wieder eine zweiwöchige Reise mit dem Mietwagen und einer Ferienwohnung in Sligo. Diesmal haben wir komplett im Internet gebucht, wobei man Sätze wie „Wieso komm ich denn da jetzt nicht rein“ direkt selbst erlebt und nicht als Spiegelung auf den Lippen einer Reisebüroangestellten. Andererseits lernt man auch die Vorzüge von Online-Flugtickets zu schätzen bzw. fragt sich, warum das bisher immer so kompliziert gewesen ist.

Aber auch die mitzunehmende Technik ist beachtlich: zwei Digitalkameras samt Objektiven und Speicherkarten, eine digitale Videokamera, ein Stativ, ein mobiler alleinstehender CD-Brenner, sowas Ähnliches wie ein satellitengestützter Ariadnefaden (zum Teil aus beruflichen Gründen), diverse Turbo-Ladegeräte, ein Teesieb und last and least zwei Mobiltelefone mit Linse. Die Frage, ob ein Laptop mitreisen soll, erübrigt sich, nicht etwa, weil es das Techno-Fass zum Überlaufen brächte, sondern weil sich ein bekannter japanisch-deutscher Computerhersteller außerstande sah, binnen dreier Monate ein defektes CD-Laufwerk auszuwechseln. Wie auch, wenn die schon drei Wochen gebraucht haben, um nicht festzustellen, dass es überhaupt defekt ist.

Wir dotkommen
Samstag, 3.9.2005

Da wollen wir hin!
Da wollen wir hin!

Pünktlich um 8 Uhr stehen wir auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld, der das größte Berliner Nest für fliegende Internetadressen ist und es wie immer schafft, gleichzeitig verschlafen-provinziell und total überlastet zu sein. Immerhin funktioniert alles reibungslos, nur die Fluggastdurchleuchtung bildet ein Nadelöhr. Vielleicht ist bei der NSA die Matrix ausgefallen oder so.

Auch der Flug ist wenig aufregend. Nahrung und Getränke kosten ja bekanntlich jetzt extra, und eine kurze Überschlagsrechnung ergibt, dass die Preise dafür in den letzten Jahren stark gefallen sein müssen: früher kosteten Hin- und Rückflug etwa umgerechnet 300 Euro, mit Speisung. Heute kostet der gleiche Flug 60 Euro ohne Essen. Die Differenz beträgt also 240 Euro und entspricht einer Bordmahlzeit.

Wahrscheinlich stimmt die Redensart, nach der das Essen um so schlechter schmeckt, je teurer es ist.

Vielleicht ist das aber auch nur Dotkommunismus. Entschuldigung, ich höre auf damit.

Nach der Landung laufen wir durch etwas wilde Gänge zur „Gepäckrückforderung“, und die irischen Mobilfunkbetreiber stürzen sich wie vollautomatische Heuschrecken auf die neu angekommenen, ängstlich piepsenden Mobiltelefone.

Die nächste Station ist der Mietwagenschalter. Die erforderlichen Daten haben wir bereits per Fax übermittelt, so dass es jetzt schneller gehen sollte. Das funktioniert aber nicht, wenn die Leute vor uns den Auslöser für verschiedene Komplikationen darstellen. Doch irgendwann sind wir an der Reihe, uns irritieren zu lassen. Erstens mit der falschen Ankunftszeit. „Sie sind hier mit drei Uhr nachmittags eingetragen. No problem, no problem.“ Genau diese Art von no-problems, die erahnen lassen, dass es sehr wohl ein Problem ist, nur soll der Kunde es eben nicht merken. „Wir haben doch aber die Flugnummer und die Ankunftszeit in das Bestellformular eingetr…“ – „No problem, no problem.“

Zweitens irritiert die Frage, wie wir das Benzin, das sich zur Zeit im Tank befindet, bezahlen wollen. Nanu? Hat das nicht der vorige Kunde bezahlt, schließlich gibt man doch ein Auto voll zurück??? Nun, wir können entweder jetzt gleich 40 Euro bezahlen und das Auto leer zurückgeben, oder es selbst volltanken, was angeblich um die 50 bis 60 Euro kosten würde, also würden wir doch sparen, wenn wir… Bei dieser Floskel schrillen bei mir normalerweise alle Alarmglocken. Wir entschließen uns zur Bezahlung der 40 Euro. Die Frage, wie man mit einem 30-Liter-Tank selbst bei den durch einen Wirbelsturm in einem bekannten Drittweltland (mit Ungeahnten Sozialen Abgründen) nur vordergründig beeinflussten hohen Kraftstoffpreisen auf eine Tankrechnung von 50 bis 60 Euro kommen soll, fließt nicht in die Diskussion ein, weil ich nicht drauf komme.

Die Fahrzeugzuteilung vollzieht sich erst auf dem Mietwagen-Parkplatz. Dorthin kommt man, indem man samt unkontrollierbarem Gepäckwagen einen unebenen, unbreiten, ungeraden, unhorizontalen und mit unabgesenkten Bordsteinen bestückten Fußweg unentspannt hinabjollert und einen Blechcontainer aufsucht.

Die Tankfüllungszahlung wird rückgängig gemacht, weil der Tank des Fahrzeuges leer ist. Netter Versuch.

Das Fahrzeug selbst ist ein so genannter Cityrover. Und ich möchte in den folgenden Sätzen über das Auto greinen, damit ich es später nicht mehr tun muss.

Das Fahrzeug sieht gewöhnungsbedürftig aus, macht gelegentlich Geräusche wie ein defekter Traktor aus den fünfziger Jahren und ist mit nichts ausgestattet, abgesehen von einer rachsüchtigen Alarmanlage. Die Schaltung ist so ausgelegt, dass man unterhalb von 2000 Umdrehungen pro Minute den dritten Gang sehr schlecht einlegen kann. Gleiches gilt für den Bereich oberhalb von 2000 Umdrehungen und das alles auch für die anderen Gänge.

Es entsteht wie schon vor zwei Jahren eine kurze Pause, in der der Lenkradverantwortliche über den Linksverkehr meditiert. Dann verlassen wir den Flughafen und begeben uns auf die Dubliner Ringautobahn. Die Abfahrt vom Flughafen Shannon ist entspannend, ziemlich einsam, ruhig und insgesamt der Umgewöhnung sehr dienlich. Wir sind aber nicht in Shannon. Trotzdem schaffen wir es glücklich auf die N4, denn wir wollen noch einen Abstecher nach Tara machen.

Bereits vom Flugzeug aus hatten wir (glaube ich) einen Hügel mit Steinsetzungen gesehen, das kann aber nicht Tara gewesen sein, weil es dort solche Steinsetzungen überhaupt nicht gibt. Es gibt aber allerlei Wallanlagen, kreisförmig oder gerade oder irgendwie. Am Rande des Gebietes gibt es eine alte Kirche, deren Fenster nur aufgemalt sind und in der sich ein Informationszentrum befindet. Und der Reiseführer, den wir später konsultieren, hat recht: ohne die Informationen, die wir bei der Führung erfahren hätten, wirkt Tara ziemlich belanglos. Wir verlassen das geschichtsträchtige Boyne-Tal ohne weitere Stopps, aber man ist ja mal wieder hier.

Inzwischen ist es nämlich vier Uhr nachmittags, und wir haben noch diverse Einkäufe, eine Tankfüllung (s. o.) und einen recht weiten Weg bis Sligo vor uns. Letzterer ist wirklich ziemlich lang, denn ohne Umweg gelangt man von Tara schlecht nach Sligo, und so verschlägt es uns ab Belturbet auf interessante Nebenstraßen, die auf der Karte nur unvollständig, d.h. im praktischen Effekt gar nicht verzeichnet sind. Trotzdem finden wir Sligo, dann auch unser sehr schönes Quartier, übergeben unseren Gastgebern das mitgebrachte Weihnachtsgebäck, dass zu Hause seit ein paar Wochen in den Regalen liegt, und tun für heute nichts mehr.

Wir entspannen
Sonntag, 4.9.2005

Strandhill
Strandhill

Nachdem der gestrige Tag relativ stressig verging, möchten wir den heutigen mit einem Strandspaziergang verbringen. Da bietet sich Strandhill geradezu an, denn es liegt gleich um die Ecke.

Strandhill ist ein wahrscheinlich typisches irisches Seebad mit allerlei Unterkünften, einem Campingplatz, einem Flughafen, mehreren Imbissen, hohen Dünen und einem langen, breiten und schönen Strand. Außerdem hat der Bauboom der letzten Jahre auch hier einige Gruppen hässlicher neumodischer Einfamilienhäuser hinterlassen. Aber vielleicht werden die vielen identischen Häuser in ein paar Jahrzehnten durch den irischen Brauch des Häuser-bunt-Anstreichens etwas abwechslungsreicher aussehen.

Abgesehen davon: wer bin ich, dass ich mich darüber ärgere, wie die Iren offenbar wohnen wollen?

Stattdessen könnte ich mich zum Beispiel darüber ärgern, wie die Iren offenbar essen wollen.

Und die ganze Zeit über hat man einen schönen Blick auf die majestätischen Tafelberge Benbulben und natürlich den Knocknarea, zu dessen Füßen wir uns ja befinden. Selbst beim Essen.

Nach all dieser Entspannung besteigen wir wieder das Fahrzeug und umrunden den Knocknarea. In der Nähe unseres Quartiers finden wir schließlich das Carrowmore-Gräberfeld.

Dieses besteht aus einer weitläufigen hügeligen Wiesenlandschaft mit ausgetretenen Pfaden. Gelegentlich liegen einige Steine herum, und ohne den gedruckten Führer, den wir am Eintritt bekommen haben, würde man über Sinn oder Keinsinn nur rätseln. Außerdem wird man auf faszinierende Visier-Linien zu den Hügelgräbern auf den umliegenden Hügeln einschließlich Knocknarea hingewiesen.

Weiterhin wird zur Zeit um einen bestehenden kleinen Dolmen herum ein Hügel errichtet, um zu demonstrieren, wie die Anlage mal ausgesehen hat. Heutzutage arbeitet man allerdings mit schwerer Baggertechnik und Gabionen. Auf der anderen Seite der Straße gibt es noch einen amtlichen Steinkreis.

Wir knocken
Montag, 5.9.2005

Queen Meave's Bed auf dem Knocknarea
Queen Meave’s Bed auf dem Knocknarea

Gestern drumherum gefahren, heute geht es nach oben. Ungünstigerweise haben wir uns einen sehr warmen Tag dafür ausgesucht. Nachdem wir am Parkplatz noch eine den Berg verlassende Schafherde abgewartet haben, geht es los.

Es ist nicht direkt anstrengend, aber die Kombination aus Hitze, losem Gestein, Insekten und unebenen Pfaden macht den ungeübten Großstädter doch ziemlich alle. Aber das lässt sich ja mit Fotopausen regulieren. Oben erwartet uns eine karge Hochebene und das Hügelgrab der Sagenkönigin Maeve. Zumindest ein Hügel. Ein Grab soll sich aber darunter befinden, nur hat noch keiner nachgesehen.

Einer Reiseführerlegende zufolge soll jeder Besucher dem Grab einen Stein hinzuzufügen. Nachdem ich das getan habe, nehme ich mir fest vor, nicht wieder auf Reiseführerlegenden hereinzufallen.

In der Folge rächt sich Königin Maeve, indem sie uns mit sehr vielen sehr aufdringlichen Fliegen eindeckt. Wirklich gruselig.

Ach, jetzt glaube ich auch schon an dieses mystische Zeug.

Wir wandern über die Hochebene und werfen vom gegenüberliegenden Ende einen Blick die Steilwand hinab auf Strandhill, den Benbulben und die Sligo Bay. Auf dem Rückweg treffen wir auf eine größere Gruppe quackelnder junger Damen, die im grünen Sportdress, also offensichtlich der Körperertüchtigung dienlich, auf den Berg gekraxelt ist und auf dem Rückweg den hohen Anteil pummliger Nachzügler gleich wieder mitnimmt. Unten steigen alle wieder in einen Bus, und die Ruhe ist wieder hergestellt.

Den Nachmittag verbringen wir faulenzend, nur unterbrochen von einer Fahrt zum Sligo’schen Lidl-Markt, wo wir auf Mineralwasser mit Pfirsich-Note hereinfallen. Die Erkenntnis, dass es so etwas Scheußliches überhaupt gibt, trifft mich ähnlich unvorbereitet und knüppelhart wie die Anfang dieses Jahres bestätigte Tatsache, dass Amerika diesen Prätendenten wohl wirklich will.

Die angesprochene Unterbrechung wird durch Abendessen plus Guinness in einem Pub in Strandhill und das Beobachten eines amtlichen Sonnenuntergangs im Meer beendet.

Und des Nachts, schließlich, haben wir einen wunderbar klaren Blick auf Slieve League ganz in der düsteren Ferne sowie Nebelbänke, die über Sligo kriechen. Toll.

Wir fahren um den Lough Gill
Dienstag, 6.9.2005

Parke's Castle und der Lough Gill
Parke’s Castle und der Lough Gill

Heute soll der Lough Gill bei Sligo das Ziel unserer Bemühungen sein. Nachdem wir uns gestern in Sligo mehrmals gründlich verfahren haben, kommen wir heute um so leichter durch und fahren die Nordküste entlang. Kurz hinter Sligo weist ein Schild auf ein Landhaus namens Hazelwood, die Straße allerdings mündet in eine Einfahrt zu einem privaten Firmengelände. Falls es sich bei dem düsteren verrammelten Gebäude, das man von der Straße aus kaum sieht, um das gesuchte Haus handelt, dann möchten wir es ohnehin nicht sehen.

Weitere potenzielle Reinfälle ignorierend fahren wir bis zum Parke’s Castle. Dort legt grade ein kleines Schiff an, welches Rundfahrten auf dem See offeriert. Insgesamt sind vier Interessenten für eine solche Tour anwesend, aber der Käptn sagt, mit nur vier Leuten fahre er nicht, und verschwindet, bevor wir ihn fragen können, warum dem Schiff gerade eben nur vier Leute entwichen sind.

Entschädigt werden wir durch eine Video-Vorführung im Castle, die mit schönen Bildern und untermalt von der unvermeidlichen mystischen, stark verhallten und komischerweise gerade deshalb landschaftliche Weite verheißenden Flötenmusik die Gegend um Sligo mit ihren vielen prähistorischen Steinsetzungen und weitere Ruinen vorstellt. Die gebotenen Ziele sind für einen zweiwöchigen Urlaub mehr als ausreichend.

Allerdings scheitert gleich der erste Versuch, eine dieser Steinsetzungen, nämlich das Hofgrab von Deer Park, zu finden, an der Tatsache, dass wir es nicht finden. Wir fahren eine ganze Weile in den einsamen Bergen nördlich des Lough Gill herum. Das alles ist sehr schön, Wetter, Aussicht und alles, aber Deer Park wäre doch schöner gewesen.

In Dromahair stellen wir fest, dass wir uns in diesem Ort bereits bei der Anfahrt verfahren haben. Schön, wenn sich so ein Kreis schließt.

Deshalb essen wir ein paar Sandwiches und besuchen dann die Franziskaner-Abtei namens Creevelea Abbey jenseits eines mittelbreiten Baches. Dies ist das letzte von den Franziskanern gegründete Kloster in Irland und trotzdem kaputt.

Wir fahren nach Boyle
Mittwoch, 7.9.2005

Boyle Abbey
Boyle Abbey

Das Wetter ist heute wesentlich schlechter, trübe und stark drizzle-haltig. Passend also, um ein defektes, doch malerisches Kloster zu besuchen, nämlich das in Boyle.

Vorher versuchen wir einen Abstecher nach Carrowkeel. Das ist eine Gegend mit ein paar Höhenzügen, die von Hügelgräbern im Maeve-Stil übersät sein sollen. Irgendetwas scheint auch durch den Nebel, aber es scheint auch, dass wir die Besichtigung wohl lieber bei besserem Wetter wiederholen.

Der zweite Abstecher führt uns in einen Folk Park. Damit meinen die Iren eine Art von Museumsdorf mit adretten Hütten, Pappfassaden und dem wirklich richtigen Leben vor xy Jahren. Auch wenn das damals bestimmt nicht so sauber aussah und die Pflüge bestimmt nicht knallbunt angestrichen auf einem perfekten Golfrasenstück vor der Tür der Dekoration dienten.

All das finden wir hier auch vor, außerdem ein bürgerliches Wohnhaus und eine Halle mit gestapelten Museumsstücken, für die niemand Verwendung hat, aber wegschmeißen will man sie auch nicht. Der Kampfschrei aller Messies. Mein heimliches Prachtstück dieser Halle ist eine riesige Reprokamera. Neben einer Mangel.

(Ist natürlich Blödsinn, denn wenn es mein heimliches Prachtstück wäre, würde ich dieses Geständnis ja nicht ins Internet stellen.)

Weiter geht die Fahrt nach Boyle. Der letzte Teil der Fahrt ist gar nicht so einfach, denn die Boyler und Boylerinnen haben eine Ortsumfahrung, und diese Ortsumfahrung ist irreführend beschildert, und deshalb gelangt man nur in den Ort, wenn man sich nicht daran hält. Aber dann findet man die Abbey ohne weiteres.

Von der Straße her offenbart sich eine imposante Kathedrale, deren Mauern anscheinend bereits zur Bauzeit abgestützt werden mussten, und der Duft frisch gemähten Grases. Dessen Verursacher stehen in einem geschützten Winkel bei einem Sargnagel und lassen die blöden Touristen alleine im Regen herumlaufen. Diese betrachten eine kleine Ausstellung im Torhaus und allerlei Feinheiten an den Säulen und Mauern.

Auf einer benachbarten Wiese befindet sich starker Lärm. Nach einer Erklärung suchend, erblicken wir einen Hubschrauber, der in einer seltsamen, doch gefährlichen Mischung aus Start und Kontrollverlust etwas über dem Boden herumtaumelt und dann sehr dicht über die Abbey hinweg davonfliegt.

Der Wunsch nach einer amtlichen Portion Fish&Chips führt uns in die Stadt Boyle, welche zum beginnenden Feierabendverkehr recht hektisch ist und der an sich malerische Platz ziemlich zugestaut ist.

Auf dem Weg nach Hause fahren wir irrtümlich um den Lough Key herum, was nicht nur ziemlicher Unsinn ist, sondern sich auch landschaftlich nicht so recht lohnt.

Wir töten Mücken
Donnerstag, 8.9.2005

Die Pyramide von Ceide Fields
Die Pyramide von Ceide Fields

Der heutige Tag sieht uns nach Ceide Fields (sprich, in einer Mischung aus Irisch und Englisch, „Käid-sche Fields“) fahren. Da das etwas weiter weg ist und man in Irland schwerlich stur eine Strecke fahren kann, ohne andauernd anhalten und fotografieren zu müssen, dauert die ganze Tour relativ lange. Schlecht planend nehmen wir natürlich auch die längere Straße entlang der Küste.

Ceide Fields ist der Name für eine kahle Bog-Hochebene an der Steilküste von Nord-Mayo. Und unter dem Bog hat man etwa 5000 Jahre alte Grenzmarkierungen von Feldern gefunden. Das ist ziemlich alt. Deshalb hat man auch ein sehr modernes Besucherzentrum in Form einer Pyramide gebaut. Weil die auch meistens alt sind. Und das braucht man auch, ansonsten sieht man nur ein paar Steinreihen unter einem teilweise freigelegten Bog. Und das Gebäude ist so angelegt, dass es in ein paar Jahren gänzlich vom Bog überwachsen sein wird und sich der Eingriff in die Landschaftsoptik in Grenzen hält.

Vor dem Eingang gibt es noch einen Aussichtspunkt, von dem aus man einen Blick auf die Steilküste werfen kann, die den Vergleich mit den Cliffs of Moher nicht zu scheuen braucht. Scheuen allerdings müssen wir wegen der wütenden Angriffe von zahlreichen Mücken, die das feuchte, schwülwarme und windstille Klima genießen, auf unsere Hüllenintegrität. Auch während wir die Boglandschaft besichtigen, sind die Insekten immer dabei. Deshalb ist alles etwas… ähm… hektisch…, und vielleicht entgeht uns etwas. Zum Beispiel der Hauch der Jahrtausende, falls der nicht zufällig aus Mückenschwärmen besteht.

Ich muss die ganze Zeit an Maeve denken.

Auf der Rückfahrt essen wir in Killala, dessen Rundturm wir aus irgendwelchen Gründen völlig übersehen und beschließen dann, noch einmal zurück zum Downpatrick Head zu fahren. Der besteht aus einer sanft ansteigenden Ebene, die senkrecht ins Meer abfällt. Die Halbinsel ist von unheimlichen Kanälen unterzogen, die in zwei große Löcher münden, die glücklicherweise umzäunt sind. Ein kleiner Felsen hat die Verbindung zum Festland verloren und steht etwas einsam im Meer. Außerdem gibt es eine Statue vom heiligen Patrick.

Wir alten Yeatser
Freitag, 9.9.2005

Der Friedhof von Drumcliff zu Füßen des Benbulben
Der Friedhof von Drumcliff zu Füßen des Benbulben

Warum denn in die Ferne schweifen, fragt man sich doch manchmal, worauf mir sofort „Na weil es da schön ist. Was für ein Schweif?“ einfällt. Von derlei Kalauern belastet beschließen wir, heute in der näheren Umgebung zu verweilen und uns Yeats Country reinzuziehen.

Die Einstimmung dazu erfährt man auf dem Friedhof von Drumcliff nordwestlich von Sligo. Herr Yeats hat sich eine beeindrückende Inschrift für seinen Grabstein ausgesucht, wobei das erhabene Sinnen darüber durch den heute herrschenden sehr starken Wind, die durch das Vorhandensein eines Souvenir-Cafes auf einem Friedhof hervorgerufene Herabwürdigung und viele andere Sinner beeinträchtigt wird. Wir gehen lieber, wir haben Yeats ja nicht mal gelesen.

Außerdem gibt es hier noch Reste eines vom heiligen Columbkille gegründeten Klosters in Form eines Rundturms und ein bedeutendes Hochkreuz, aber die meisten Leute lassen lieber den Literaten raushängen.

Weiter gehts in das malerische Tal des Glencar Lake. Dort findet man einen Wasserfall, an dem auch Yeats seine Zeit genossen haben soll, aber kühl ist es da. Wir fahren lieber zurück zur Hauptstraße und finden dann ein abgelegenes Tal namens Gleniff Horseshoe, durch das eine Rundstraße führt.

Gleich am Eingang zum Tal hat ein Einwohner, den man hier „The Bull“ nennt, seine Hütte mit allerlei Schildern und Protesttafeln umgeben. Der dem Ganzen innewohnenden Wucht nach zu urteilen will die von Ölmultis kontrollierte CIA (oder war es umgekehrt?) ein Atommüllendlager und einen internationalen Flughafen auf seinem Komposthaufen einrichten. Touristen und Kameras sieht er auch nicht gern, laut Schild.

Der Rest des Tals ist wesentlich friedlicher und abgesehen von etwa 20 Reservisten, die in klatschnasser Rüstung aus den Bergen kommen, völlig verlassen. Klatschnass sind sie, weil die Berge wolkenverhangen sind und die ganze Zeit ein gründlicher Drizzle niedergeht. Das trägt maßgeblich zu der verzauberten Wirkung bei und stört deshalb zur Abwechslung mal überhaupt nicht.

Irgendwer hat mal gesagt, Killarney sei das El Arenal Irlands. Falsch, das ist natürlich Bundoran nördlich von Sligo, wo wir stilecht in einem Fast-Essen-Restaurant dinieren, und das nicht unbedingt schlecht.

Auf der Rückfahrt schauen wir noch kurz in Mullaghmore vorbei, wo ein nicht nur aufgrund des Wetters ziemlich hässliches Schloss einsam an der Küste steht. Dort verbrachte im Jahre 1979 Lord Mountbatton, Onkel eines bekannten erzwalisischen Segelohrprinzen, seinen Urlaub, als er mit seinem Boot von der IRA in die Luft gesprengt wurde.

Wir haben einen steifen Hals
Samstag, 10.9.2005

Ein Wrack
Ein Wrack

Irgendwie habe ich mir einen steifen Hals zugezogen, was dem traditionellen Schulterblick beim Autofahren und der generellen Konzentrationsfähigkeit auf die Schönheit des Landes schweren Schaden zufügt. Deshalb versuchen wir es auch gar nicht erst, sondern setzen uns an den schönen Strand von Rosses Point und beobachten badende Hunde.

Anschließend besuchen wir die Stadt Sligo und deren Abbey und kaufen Schmerzmittel. Mehr passiert nicht, denn es ist Samstag und die Stadt ist sehr voll.

Wir benutzen den Lough Gill
Sonntag, 11.9.2005

Deer Park
Deer Park

Im Gedenken an den mit Ausflugszielen mannigfaltig gespickten Film, den wir letztens im Parke’s Castle gesehen haben, fahren wir da nochmal hin. Es fehlen insbesondere Deer Park und eine Bootsfahrt auf dem See.

Wie schon beim letzten Mal fahren wir wieder ziellos in den Bergen herum und finden abgesehen von zahlreichen Bergblicken nichts. Und jedesmal, wenn wir überrascht wieder am Parke’s Castle herauskommen, ist der Touristenkahn grade losgefahren. Schlussendlich (schweiz.) fragen wir im Castle nach dem Weg nach Deer Park. Dort hat man sogar schon eine selbstgezeichnete Karte, die über die große Lücke in der Kontinuität der Beschilderung hinweghilft. Das Hofgrab damit zu finden ist zwar auch nicht ganz einfach, ohne jedoch aussichtslos.

Aber es lohnt sich. Nach einem halbwegs entspannten Waldspaziergang findet man auf einer (in unserem Fall sonnengefluteten) Lichtung eine große Steinsetzung. Das ist sehr eindrucksvoll, auch wenn man Mühe hat, sich vorzustellen, wie das im Originalzustand ausgesehen hat, geschweige denn zu benutzen war.

Folgt man einem abzweigenden Pfad, gelangt man an der Spitze des Hügels an eine durch eine Mauer abgegrenzte große Weide, und von da oben hat man (bei, wie gesagt, schönem Wetter) einen weiten Blick auf den Knocknarea (mit dem Tele sehen wir sogar unser Quartier) und die Gegend östlich von Sligo.

Und dann hat man Schwierigkeiten, den Rückweg zu finden.

Aber wir haben ja 32 Satelliten des amerikanischen Militärs als unsere Begleiter. Zum Beispiel könnte man den passenden Empfänger im Notfall dazu verwenden, irgendein Kleintier zu erschlagen oder mit dem Gehäuse Wasser zu schöpfen. Doch soweit kommt es natürlich nicht. Stattdessen kommt ein alter Mann aus einem Gehölz und fragt, ob wir seinen Esel gesehen hätten.

Nein.

Spuren auch nicht. Als Kind Karl May gelesen haben und das in die Praxis umsetzen sind zwei verschieden große Paar perlenbestickte Mokassins.

Beim anschließenden Rücksturz zum Parke’s Castle geraten wir noch an eine große Kuhherde, die ein Farmer mit seinem Hund und seinem Auto irgendwohin treibt. Im Schritttempo passieren die Tiere uns, wobei der Abstand zwischen uns und einer Kuh, bevor sie ausweicht, indirekt proportional zu deren Größe steht. Diese Gesetzmäßigkeit erkennen wir anhand eines großen Bullen, der erst im letzten Moment abdreht und sich an unserem Auto ein wenig schuppert.

Dieses Mal erwischen wir das Boot, und es sind auch genügend Kunden da. Die etwa einstündige Fahrt über den See hat abgesehen von einer wie ein schlafender Riese aussehenden Bergkette keine wirklich neuen Landschaftlichkeiten zu bieten, aber der Käptn erzählt viel über die Gegend und ihre Geschichte und rezitiert Yeats, der für eine der Inseln des Sees den Nobelpreis bekommen hat, wenn ich das richtig verstanden habe.

Wir sind weit gereist
Montag, 12.9.2005

Irland.
Irland.

Seit Tagen lauern Glencolumbkille und der Slieve League am Rande unserer Wahrnehmung herum und grinsen höhnisch über unsere touristische Auffassungsgabe. Das wollen wir so natürlich nicht auf uns sitzen lassen, und deshalb fressen wir heute Kilometer.

Zunächst die zwischen Sligo und Bundoran, dann die bis Ballyshannon. Dort gibt es eine Umleitung wegen eines Notfalleinsatzes.

Das sollte man sich kurz auf der Zunge zergehen lassen. Eine Umleitung.

Die sieht so aus, dass ein Polizist auf der Straße steht und die ganzen Autos in eine andere Straße scheucht. Wo die hinführt? Na, viel Glück jedenfalls.

Die Straße ist sehr eng, aber scheinbar ist die Umleitung so organisiert, dass der Gegenverkehr woanders langfährt. Wir schwimmen im Verkehr mit und finden irgendwann auch wieder die Hauptstraße nach Donegal. Donegal selbst hat eine Ortsumfahrung bekommen, die straßenbautechnisch ein wenig wie ein amerikanischer Highway wirkt – schnurgerade, eine Schneise in der Gegend, und breit.

Folgt man von Donegal aus der Nase, so kommt man nach Killybegs. Dies ist ein großer Fischereihafen, den üble Gerüche sanft umfächeln. Dahinter wird die Straße merklich bergiger und enger, und irgendwann beginnen die weiten kahlen Hochmoore, für die unter anderem ich Irland so liebe. Wir passieren den Slieve League auf seiner Rückseite und kommen schließlich nach Glencolumbkille.

Dafür liebe ich Irland auch.

Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um ein locker und dünn besiedeltes Tal mit einem Heiligen darin. Für diesen gibt es seltsam anmutende Wallfahrtsstationen und eine Kirche. Für die umgebende Landschaft sollte man etwas mehr Zeit einplanen, man findet tolle Klippen und Strände. Ob man das Museumsdorf besuchen sollte, kann ich nicht sagen, weil wir das Museumsdorf nicht besucht haben. Malerisch sieht es aus.

Wir fahren stattdessen weiter über Malin More nach Malin Beg. Dies ist das hiesige Ende der Welt. Weiter geht die Straße nicht, weil dort der Slieve League ist.

Ein Königreich für ein Eigenheim hier.

Zudem gibt es genau ein Restaurant, wo sehr leckeres und günstiges Essen zubereitet wird.

So gesättigt fahren wir die ganze Strecke wieder zurück, weil man von hier nicht an den Slieve League herankommt. Dafür muss man in Carrick im richtigen Moment den Wegweiser erblicken und im weiteren Straßenverlauf auch etwas aufpassen. Sowohl auf Schilder als auch darauf, dass man mit allen Rädern gleichzeitig auf dem Asphalt bleibt. Nach dem Durchfahren einer Schranke gibt es einen Parkplatz, wo wir das Auto verlassen und eine etwa halbstündige Wanderung unternehmen. Alternativ hätte man auch mit dem Auto weiterfahren können, das ist aber ein wenig abenteuerlich.

Wir passieren einen seltsamen See, der zwischen sich und der Steilküste nur die schmale Straße hat und zum Teil drei Meter höher liegt als letztere. Und wenn man um den letzten Hügel biegt und den letzten Parkplatz überquert hat, steht man vor einem weiteren Wunder der Natur.

Ein etwa 600 Meter hoher Berg fällt nahezu senkrecht ins Meer ab und schillert an manchen Stellen in den unmöglichsten Farben. Wellen schlagen an seine Füße, und ganz weit oben sieht man vielleicht einen Touristen auf dem One Man Path, dem Ein-Personen-Weg, so benannt wegen seiner Breite.

Ach, was schreibe ich hier, es sind nur Buchstaben. Ich habe nur Wörter, keine Worte. Nach etlichen Fotos fahren wir nach Hause.

Wir sind faul
Dienstag, 13.9.2005

In Sligo
In Sligo

Es gibt solche Tage, an denen man erst spät aufsteht, alltägliche Verrichtungen dauern unerklärlich lange, man setzt sich nur mal kurz hin, und plötzlich ist es Nachmittag.

Dies ist einer davon.

Als wir dies feststellen, begeben wir uns nach Sligo, bummeln ein wenig durch die Geschäfte und fahren am erstaunlich früh hereinbrechenden Abend nach Strandhill zu einem kurzen Strandhillspaziergang mit hohen Wellen und dann ins Pub.

Wir hätten eine schöne Sicht, wenn wir eine Sicht hätten
Mittwoch, 14.9.2005

Lissadell House
Lissadell House

Nachdem wir die letzten Male in Sligo immer mit einem halben Auge oder mehr auf der Suche nach einer modernen Statue von Yeats waren, ohne die kein Reiseführer auskommt und die eigentlich gut sichtbar an einer zentralen Stelle stehen soll, suchen wir diesmal richtig gezielt, finden den Ort, aber die Statue ist weg. Abgesehen vom Sockel. Ein Autofahrer hat sie umgekarrt, böse Zungen logen, dass das auf die neue Durchfahrtsstraße mit ihren seltsamen Ampeln und die daraus resultierende „geänderte Verkehrsführung“ zurückzuführen sei. Die Statue ist derweil zur Reparatur.

Als nächstes steht Lissadell House auf der Checkliste, das dafür bekannt ist, dass dort eine Liebschaft von Yeats wohnte, dass es in einem größeren Park am Ufer der Sligo Bay sowie zum Verkauf steht.

Weiter geht es nach Raghly, einem Ort, den man einfach als malerischen Fischereihafen bezeichnen müsste, wenn hier nicht ganz normale Leute ihren sicher nicht ganz so einfachen täglichen Verrichtungen nachgingen. Vielleicht kann man sich auf „schön“ einigen, mit dem Benbulben als Hintergrund.

Zurück an der Hauptstraße nehmen wir das Mittagessen in einem vom Verkehr durchtosten Ort namens Grange ein. Lecker, aber irgendwann kann ich Fritten nicht mehr sehen.

Wir folgen dem Tosen bis Bundoran und schlagen uns dort in die Berge Richtung Osten. Diese Tour haut uns nicht ganz so vom Hocker, erst als wir oberhalb des Glencar Lake Richtung Sligo zurückfahren, kommt etwas Sonne heraus und scheint durch Wolkenlöcher auf Meer und Tal. Und weil das so bleibt, beschließen wir den Tag einmal mehr in Strandhill erst am Strand und dann im Pub.

Wir Fremden in der Festung
Donnerstag, 15.9.2005

Donegal Castle
Donegal Castle

Bei dem ganzen Herumgerase zum Slieve League sind wir insbesondere um die Stadt Donegal herumgerast, ein Fehler, den wir heute zu korrigieren gedenken.

Die Fahrt verläuft auf der bekannten, teils breiten, teils sehr schmalen Fernstraße, und ohne besondere Vor- oder Nachkommnisse. Wenn man die Stadt betritt, dann freut man sich für die Einwohner und mit ihnen über die Umgehungsstraße. Alles ist ziemlich verwinkelt und eng und auch nicht wirklich groß. Im Zentrum findet man einen obeliskenartigen Klotz auf einem dreieckigen oder nur mit bestem Willen diamantenförmigen Platz, der trotzdem The Diamond heißt und ein Beispiel für Städteplanung am Reißbrett ist. Ob gute oder schlechte, weiß ich nicht. Sollte ich dazu ein Wort finden, so würde dieses „Unübersichtlichkeit“ lauten. Es fragt aber keiner, deshalb steht es nur hier.

Etwas abseits davon findet man das Donegal Castle, dessen Besuch lohnend und informativ ist. Mein Lieblingsstück darin ist der Kamin, welcher so groß ist wie dazumal meine erste eigene Wohnung. Das Schloss selbst besteht aus den umgebauten Resten eines Tower House, also dicken Mauern mit unglücklich platzierten Fenstern und Erkern sowie einem lustigen Anbau, beleidigt ein auf Harmonie oder Stil geeichtes Auge schwer und gefällt mir deshalb sehr gut. In irgendeinem Führer oder auf einem Schild stand sinngemäß, dass das Donegal Castle den Übergang von der Wehr- zur Wohnburg markiere.

So kann man es auch sagen.

Schön ist, dass zumindest der Turmbau rekonstruiert worden ist und man nicht wie so oft vom Keller in den Himmel starrt.

Zu Füßen der Stadt, am Ufer der mit allerlei Halbinseln durchsetzen Flussmündung, auf der man sich auch mit Booten herumfahren lassen kann, stehen einige Teile der Donegal Abbey immer noch und blicken in den Abendhimmel.

Wir wollen da nochmal essen
Freitag, 16.9.2005

Slieve League
Slieve League

Das leckere Essen samt der tollen Aussicht zieht uns heute zum Abschied noch einmal ausgerechnet nach Malin Beg, den am weitesten von Sligo entfernten Punkt unserer Agenda. Nachdem dies gegessen ist, scheint die Sonne so schön, dass wir auch noch einmal zum Slieve League hinauffahren.

Es lohnt sich.

Denn bei Sonne sieht man die vielen bunten Gesteinsfarben erst richtig, mal abgesehen von den gleißenden Flecken auf dem Meer und dem leicht düsteren Blick bis Mayo. Außerdem stehen heute hier überall Schafe herum und schuppern sich an den Findlingen.

Die Rückfahrt bringt noch einen kurzen Abstecher auf die Halbinsel St. John’s Point, die einen besseren, weil Abstand haltenden Blick auf Killybegs und generell interessante Ansichten der Berge von Donegal ermöglicht. Wir selbst befinden uns aber bald unter düsteren Wolken, was uns aber nach Ende des Regens einen Satz Regenbögen beschert, was anscheinend zu einer schönen Tradition an unserem jeweiligen letzten Urlaubstag wird.

Über das Packen der Sachen möchte ich nicht berichten.

Wirre Heimreise
Samstag, 17.9.2005
Sonntag, 18.9.2005

Bild vom letzten Strandspaziergang
Bild vom letzten Strandspaziergang

Nach dem herzlichen Abschied von unseren Gastgebern begeben wir uns auf die steinige Straße nach Dublin. Da genügend Zeit und Wetter ist, machen wir einen Abstecher nach Carrowkeel. Diesmal reicht die Sicht nicht nur bis zum Ende der Motorhaube, sondern bis zum Knocknarea.

Ein wenig spukig ist es schon. Wohin man auch blickt, sieht man einen Hügel mit mehreren Grabhügeln. Die Gegend ist voll davon.

An Dublin selbst rutschen wir auf dem Autobahnring vorbei und fahren nach Howth. Wir wollen irgendwo in Ruhe zu Abend essen, dann zum Flughafen und dort irgendwie die Nacht verbringen, um morgen um sieben Uhr – was für eine blöde Zeit – nach Hause zu fliegen.

Wie naiv.

Dies ist ein Samstag. Am Samstag abend wollen alle essen gehen. Ohne Vorbestellung ist kein Tisch zu bekommen, alles ist sehr voll. Irgendwann finden wir ein italienisches Restaurant, in dem eine Gruppe deutscher Männer lautstark feiert. Ich muss an die beiden Buchstaben I und T denken, was durch die Tatsache, dass sie alle Hemden aus Stoffen tragen, die wie Küchenhandtücher gemustert sind, bekräftigt wird. Weiterhin nehme ich von hier die stark kalauerbehaftete Ahnung mit, dass man bei einer Pizza Calzone manchmal die Katze im Sack isst.

Wir haben ja immer noch soviel Zeit totzuschlagen. Da könnte man ja nochmal nach Dublin reinfahren.

Mit dem Auto ist dies für mich das erste Mal, und überhaupt war ich schon lange nicht mehr da, aus gutem Grunde. Es klappt aber ganz gut, einiges erkenne ich sogar wieder, und wir schaffen es nicht, uns zu verfahren. Nach dieser Schnuppermeile geht uns aber die Lust und ein wenig auch die Energie aus, so dass wir direkt zum Flughafen fahren, das Auto abstellen, unseren Kram ergreifen und beginnen, uns ein Plätzchen für die Nacht suchen.

Wie naiv.

Das ist nämlich gar nicht so einfach.

Auf den Bänken bei den Cafes zu sitzen geht nicht, denn man wird hinausgeworfen bzw. gar nicht erst hereingelassen. Eine Lounge oder so etwas gibt es, wenn überhaupt, nur für happige Preise. Normale Sitzgelegenheiten kann man an den Fingern einer Hand abzählen, außerdem sind sie schon von anderen Nächtigenden besetzt. In einigen Ecken liegen die Leute bereits in ihre Schlafsäcke gewickelt auf dem Fußboden.

Mit Glück finden wir noch freie Plätze und versuchen, uns so gut es geht einzurichten. Es geht nicht gut. Die Sitze sind unbequem und hart, viel Platz ist auch nicht. Na dann gute Nacht.

Selbst das geht nicht. Etwa alle 10 Minuten erfolgt eine Durchsage vom Band, dass man doch bitte auf sein Gepäck aufpassen möge, sonst würde es removed (also das Gepäck). Laut. Außerdem fährt einer mit einem großen heulenden Wischstaubsauger (und zwar akkurat um unser Gepäck) herum.

Irgendwie döst man sich ins morgen.

Eine ohne erkennbaren Grund um sich greifende Hektik läutet den Start des Check-Ins ein. Dies ist hier ein wenig entspannter, denn Aer Lingus hat Automaten aufgestellt, an denen man sich schonmal seine Bordkarte ausdrucken kann. Sowas gab es früher nur für die Business-Menschen. Man muss nur noch – an einem beliebigen Schalter – das Gepäck abgeben. Das spart ein paar Arbeitsplätze an den Check-in-Schaltern, dafür braucht man viele Leute, die den Passagieren die Automaten erklären. Diesem Irrtum ist die deutsche Bahn mit ihren „Automaten-Guides“ (Ticket-Machine-Führer ginge prinzipiell auch, enthält aber das Wort Führer) auch aufgesessen.

Interessant gestaltet sich auch die Sicherheitsdurchleuchtung. Mal abgesehen davon, dass es sehr voll ist, müssen alle ihre Schuhe ausziehen. Und obwohl der Anteil derer, die in diesen die Nacht verbracht haben, gering ist, entwickeln sich im Hals kratzende Dämpfe.

Ein Laden mit Duftwässerchen direkt gegenüber ist trotzdem kontraproduktiv.

Auf dem Weg zum Abflug durchschreiten wir kilometerlange Gänge, gefüllt mit bequemen Sesseln und Sofas, alles leer. Warum kann man nicht schon am Abend einchecken? Am Ende warten wir in einem anscheinend hektisch dahingezimmerten Rondell, das offensichtlich ein neues Terminal darstellen soll, auf unsere Abreise.

Irgendwie war das Ende der Reise so beanspruchend, dass ich das Ende des Irlandurlaubs gar nicht mitbekommen habe.

Am Abend wählt das Volk, in dem ich Mitglied bin, indirekt Angela Merkel zur Amtsleiterin von Deutschland.

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